Im Selbstversuch: Stevia als Zuckerersatz
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Schon seit Monaten geistert es immer wieder durch Zeitungen, Zeitschriften und verschiedenste TV-Magazine: Stevia - der angebliche Problemlöser für die Überzuckerung der heute erhältlichen Lebensmittel. Die Blätter des sogenannten Süßkrauts enthalten einen Stoff, der 300 mal stärker süßen soll als Zucker.Da das Zeug aber nicht nur süßen soll (das tut Süßstoff in Form von Sorbitol auch und er schmeckt grausam), sondern auch schmecken soll, habe ich einen Selbstversuch gewagt. Eigentlich kann man Stevia nicht als Süßstoff kaufen, dafür ist es (noch) nicht in der EU zugelassen. Doch man kann es vielerleiorts als Badezusatz kaufen. Es ist auch nicht besonders teuer: 100 g kosten gerade mal 4 €. Nimmt man 10% des süßenden Inhaltsstoffes an (siehe Wikipedia), bleiben 10 g, die 300 mal stärker süßen als Zucker, also das Äquivalent von 3 kg Zucker. Man kann sich das Zeug natürlich auch als bereits fertigen kristallinen Auszug bestellen, doch wenn ich schon die Chance habe, einen Süßstoff aus einem natürlichen Rohstoff zu erhalten, dann möchte ich den auch sehen, und mir keine Mischungen mit Sorbitol oder anderen Süßstoffen aufschwatzen lassen.
Das erste, was ich bemerkt habe: die Dosierung von getrockneten, fein geschnittenen Steviablättern ist äußerst schwierig. Auf eine ganze Kanne Tee reicht zum Süßen eine Messerspitze Stevia in einem Tee-Ei aus. Kurz ziehen lassen, herausnehmen, fertig. Es riecht dann bereits süß. Doch wie ist der Geschmack? Ernüchternd. Wer schon einmal mit Sorbit(ol) gesüßt hat, kann sich an diesen süßen, künstlichen, irgendwie widerlichen Geschmack erinnern. Stevia steht dem kaum nach. Zwar kriegt man davon keinen trockenen Hals, doch die Süße ist ähnliche eklig wie bei den künstlichen Süßstoffen.
Interessanter Weise teilen meine Eltern meine Meinung nicht: denen schmeckt der mit Stevia gesüßte Tee, aber keiner mit künstlichen Stoffen (Sorbit). Ob das hier mehr an der Kraft der Einbildung liegt, oder tatsächlich am anderen Geschmack? Dass beide Sachen verschieden schmecken, ist nicht von der Hand zu weisen, doch beide sind für mich keine Ersatz-Alternative zum guten alten Zucker. Der schmeckt einfach runder und hinterlässt einen wohligen Nachgeschmack. Restlos ersetzen könnte man Zucker mit Stevia aber sowieso nicht, denn beim Backen z.B. werden die großen Mengen Zucker auch rein für das Volumen gebraucht - was soll ich da mit einem Blättchen Stevia? Ok, man könnte dann Holzmehl einbacken, aber das würde dem Geschmack auch nicht zuträglich sein (wobei, bei manchen Bäckern hier in der Gegend könnte man meinen, sie täten dies bereits bei ihren Brötchen...).
Meine Erfahrung aus dem Ganzen: man kann Stevia mal probiert haben, dem einen schmeckt es, dem anderen nicht. Die Befürchtungen der Zuckerindustrie, es könnte eines Tages den Zucker als Süßungsmittel ablösen, sind meiner Meinung nach aber gänzlich übertrieben.